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Gewerbemietrecht - Allgemeine Fragen


Hinweis:
Die nachfolgenden Informationen können keine anwaltliche Rechtsberatung ersetzen.

Der Vermieter von Geschäftsräume kann dem Mieter sogar schon in den sogenannten Formularklauseln, also ohne besondere individuelle Vereinbarung, ganz erhebliche Pflichten und Kosten übertragen. Dies dann im Endeffekt, ohne dass der Mieter es anfänglich überhaupt bemerkt.

Vor dem Abschluss insbesondere eines längerfristigen gewerblichen Mietvertrages sollte daher sowohl aus Vermieter- als auch aus Mietersicht unbedingt eine anwaltliche Überprüfung und Beratung erfolgen.

Die Problematik einer bereits formularvertraglichen Überwälzung stellt sich insbesondere auch hinsichtlich der Übertragung nochmals zusätzlicher Betriebskosten (gegenüber dem Wohnraummietrecht) auf den Geschäftsraummieter. Dies z.B. hinsichtlich der Verwaltungsgebühren, was bspw. bei der Anmietung von Ladenlokalen in Einkaufszentren für den gewerblichen Mieter nahezu unvorhersehbare Kosten mit sich bringen kann. So hat der BGH (v. 4.5.11; XII ZR 112/09) kürzlich nochmals ausgeführt, dass auch die formularvertragliche Vereinbarung der Übernahme "der Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung der Mietsache" als sonstige Betriebskosten durch den Gewerberaummieter wirksam ist. Allerdings hat der BGH in einer später ergangenen Entscheidung (v. 3.8.11 - XII ZR 205/09) - diesmal zugunsten des Geschäftsraummieters - ausgeführt, dass "die formularmäßig vereinbarte Klausel eines Gewerberaummietvertrages, die dem Mieter eines in einem Einkaufszentrum belegenen Ladenlokals als Nebenkosten des Einkaufscenters zusätzlich zu den Kosten der Verwaltung nicht näher aufgeschlüsselte Kosten des Center-Managements gesondert auferlegt, intransparent und daher unwirksam ist."

Hinsichtlich der Anmietung von Ladenlokalen in Einkaufszentren ist zudem die formularvertraglich vereinbarte Verpflichtung des Gewerberaummieters zum Beitritt zu sogenannten Werbegemeinschaften wirksam, sofern die durch den Geschäftsraummieter zu übernehmende Kostenlast bestimmbar ist. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Werbegemeinschaft in Form einer GbR betrieben wird, da der gewerbliche Mieter in diesem Fall als Mitgesellschafter im Ergebnis einer unbegrenzten gesamtschuldnerischen Haftung ausgesetzt wäre (BGH v. 12.7.06, XII ZR 39/04).

Gewerbemietverträge, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossen werden, bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB). Wird diese Form nicht beachtet, so ist der Vertrag keinesfalls ungültig, sondern er gilt dann als für unbestimmte Zeit geschlossen und ist frühestens nach einem Jahr ab Gebrauchsüberlassung kündbar.
Dies hatte bis zur "Loseblatt-Rechtsprechung" des Bundesgerichtshofes zur Folge, dass sich der gewerbliche Mieter trotz eines noch langfristig laufenden Geschäftsraummietvertrages unter Berufung auf die Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses mit den normalen gesetzlichen Kündigungsfristen frühzeitig aus dem Mietverhältnis "verabschieden" konnte. Früher war es im Sinne der sogenannten Urkundeneinheit notwendig, dass alle Blätter eines Mietvertrages inklusive sämtlicher nicht unwesentlichen Anlagen und Ergänzungen fest miteinander verbunden waren. Im Regelfall musste dies durch eine Öse geschehen. So war z.B. die Verbindung durch eine einfache Büroklammer gerade nicht ausreichend. Dem wurde dann durch die "Loseblatt(Auflockerungs)-Rechtsprechung" (BGH v. 24.9.97, XII ZR 234/95), des BGH ein erster Riegel vorgeschoben.
Es reicht nunmehr aus, wenn sich die Einheit des Vertrages aus dem Text, der grafischen Gestaltung oder der fortlaufenden Nummerierung etc. ergibt. Bei wichtigen Anlagen, die wesentlicher Inhalt des Mietvertrages sein sollen, müssen die Parteien die Zusammengehörigkeit dieser Schriftstücke in geeigneter Weise dokumentieren (etwa durch klare Verweise). Ergibt sich hieraus zweifelsfrei die Bezugnahme, soll dies für die Wahrung des Schriftformerfordernisses ausreichend sein. Dies Alles hat der BGH in einer ausführlichen Entscheidung v. 7.5.08, XII ZR 69/06 nochmals bestätigt und zudem ausgeführt, dass es für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 550 BGB gem. § 126 Abs. 2 S. 2 BGB sogar ausreicht, wenn jede Partei nur die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet und somit die beiderseitige Unterzeichnung auf einer einheitlichen Urkunde nicht erforderlich sei bzw. ist. Mit dieser Entscheidung wurde der jahrelang mieterseitig geübten Praxis der vorzeitigen Loslösung aus dem langjährigen Geschäftsraummietverhältnis unter Berufung auf das nicht eingehaltene Schriftformerfordernis dann endgültig der Weg verbaut.
Inzwischen ist auch obergerichtlich geklärt, dass § 550 BGB wegen seiner auch dahingehenden Warnfunktion auch für den Beitritt eines weiteren Mieters zu einem langfristigen Mietverhältnis (Mietbeitritt) zumindest insofern gilt, als dass das Schriftformerfordernis zumindest im Verhältnis zwischen Vermieter und Beitretendem gewahrt sein muss.
Obwohl zur dahingehenden Begründung auf die Warnfunktion des § 550 BGB auch für den sich langfristig Verpflichtenden Bezug genommen wird, wurde die Frage, ob das Schriftformerfordernis auch für einen bloßen Schuldbeitritt, d.h. der Beitretende übernimmt nur zusätzlich bzw. gesamtschuldnerisch zu dem Mieter, die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis, Geltung haben soll, bisher noch nicht obergerichtlich geklärt. Der Schuldbeitritt ist gesetzlich nicht geregelt. Er wird im Falle eines besonderen wirtschaftlichen Interesses des Erklärenden angenommen. Aus diesem Grunde sollten sich Personen mit einem solchen besonderen wirtschaftlichen Interesse, wie bspw. die Geschäftsführer einer GmbH mit Erklärungen, wie z.B. dass sie für die Mietschulden der GmbH gegebenenfalls schon persönlich einstehen werden, tunlichst zurückhalten. Nach der bis heute nicht höchstrichterlich geklärten Frage des Erfordernisses der Einhaltung des Schriftformerfordernisses hinsichtlich eines Schuldbeitritts zu einem langfristigen Gewerberaummietvertrag kann eine solche "einfache" Erklärung möglicherweise zu einer persönlichen Mithaftung für auch die zukünftigen Mietverbindlichkeiten der GmbH führen.

Bei Geschäftsraummietverhältnissen kann einzelvertraglich eine Kaution vereinbart werden, die die im Wohnraummietrecht erlaubte Summe von drei Monatsmieten übersteigt.

Praxisrelevant im gewerblichen Mietrecht wird immer häufiger auch das Vermieterpfandrecht an den in das Mietobjekt eingebrachten Sachen des Mieters.
Für den gewerblichen Vermieter ist hier vornehmlich folgendes von Bedeutung:
Außerhalb der Mieterinsolvenz sichert das Vermieterpfandrecht auch künftige Forderungen für das laufende und das künftige Mietjahr (§ 562 Abs. 2 BGB). Für den Gewerbevermieter unbedingt zu beachten ist § 562 Abs. 2 S. 2 BGB, nach welchen das Vermieterpfandrecht hinsichtlich aus dem Mietobjekt entfernter Gegenstände erlischt, sofern der Vermieter nicht binnen Monatsfrist ab Kenntnis von der Entfernung Klage auf Rückverschaffung der Gegenstände erhebt. (Nur) bei Geschäftsraummietverhältnissen erstreckt sich das Vermieterpfandrecht grundsätzlich dann auch auf die im Rahmen des Geschäftsbetriebes des Mieters genutzten Fahrzeuge. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist noch die Frage der Kollision von Vermieterpfandrecht und einer Sicherungsübereignung der im Mietobjekt befindlichen Sachen durch den Gewerbemieter (meistens an kreditgebende Banken). Sofern die Sicherungsübereignung erst nach Einbringung der Sachen in das Mietobjekt stattgefunden hat, geht das Vermieterpfandrecht vor, da das Sicherungseigentum der Bank nur mit dem Vermieterpfandrecht belastet entstanden ist.

Im übrigen empfiehlt sich bei der Durchsetzung eines erstrittenen Räumungsurteils im Rahmen der nachfolgenden Räumungsvollstreckung unbedingt die Vollstreckung nach dem "Berliner Modell", also unter Geltendmachung des Vermieterpfandrechts an den im Mietobjekt befindlichen Sachen des Mieters. Selbst wenn diese wertlos sein sollten, können damit ansonsten regelmäßig anfallende erheblichste Kosten für deren Abtransport durch eine Spedition eingespart werden.
Im Falle einer Mieterinsolvenz beschränkt sich das Vermieterpfandrecht gem. § 50 Abs. 2 S. 1 InsO nur auf die Forderungen aus dem Zeitraum der letzten zwölf Monate vor Insolvenzeröffnung sowie für den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der Kündigung durch den Insolvenzverwalter gem. § 109 InsO. Der Vermieter hat hier besondere Absonderungsrechte gem. § 48 InsO, wonach er Ansprüche auf die von dem Insolvenzverwalter im Rahmen der Verwertung der Gegenstände erzielten Erlöse (abzüglich der Verwertungskosten) hat.